Patientenschutz ist super – aber manchmal zu weit weg
Mal ehrlich – wie oft haben Sie es schon gesagt: „Das dient dem Patientenschutz!“
Und wie oft haben Sie darauf begeisterte Reaktionen bekommen?
Genau. Eher so: nicken, murmeln, weitermachen wie bisher.
Natürlich ist Patientenschutz wichtig. Wahnsinnig wichtig sogar! Aber – und jetzt kommt’s – er ist nicht für alle der größte Motivator.
Warum? Weil „für den Patientenschutz“ ein bisschen so klingt wie „für den Weltfrieden“: ehrenwert, aber weit weg vom eigenen Alltag. Wichtig, aber irgendwie abstrakt. Ganz besonders, wenn der eigene Alltag gerade aus Zeitdruck und 12-Stunden-Schichten besteht.
Motivationshilfe Perspektivwechsel
Aus der Lern- und Motivationspsychologie wissen wir: Menschen ändern ihr Verhalten am ehesten, wenn sie einen direkten Vorteil erkennen, oder eine direkte Gefahr für sich selbst vermeiden wollen. Das gilt für Kinder beim Zähneputzen („Sonst bohrt der Zahnarzt!“) genauso wie für Pflegefachkräfte beim Thema Händedesinfektion („Sonst hol ich mir ’ne Infektion!“).
Deshalb lohnt sich der Perspektivwechsel: Was bringt dir das persönlich? Wovor schützt es dich? Was ersparst du dir damit? Zum Beispiel bei der Diskussion um die Händedesinfektion:
Variante A – abstrakt:
„Wenn Sie Ihre Hände desinfizieren, dient das dem Patientenschutz.“
Variante B – persönlich:
„Wenn Sie sich beim Reinkommen ins Zimmer die Hände desinfizieren, haben Sie gute Chancen, alles, was z.B. auf der Türklinke lauern kann, auszuschalten. Sie können sich das schonmal nicht einfangen und es auch nicht weitergeben.“
Klingt ungewohnt? Vielleicht. Aber es wirkt. Gute Hygiene nützt in der Regel doppelt: Dem Infektionsschutz und der eigenen Absicherung.
Clever argumentieren – fünf Tipps für die Praxis
- Eigenschutz geht vor Regelwerk
Statt übergeordneter Regeln („steht so im Standard“) können Sie den persönlichen Nutzen zeigen: „Das schützt Sie – vor Keimen, vor Ärger, vor Fragen im Nachhinein.“ - Konkrete Beispiele vor abstrakten Belehrungen
Wenn Sie konkrete Beispiele nennen, aktivieren Sie die Vorstellungs- und damit Denkfähigkeit Ihres Gegenübers: „Wenn Sie Handschuhe anhaben, machen die Erreger es sich auch darauf bequem. Die Hände zu desinfizieren, hilft Ihnen wesentlich mehr, weil Erreger das am wenigsten mögen.“ - Humor hilft – solange er respektvoll bleibt
Statt zu belehren, können Sie vieles auch humorvoll erklären: „Die Maske unter der Nase schützt Sie etwa so gut wie ein Regenschirm in der Tasche.“ Oder: „Ein Kittel ist wie ein Superheldenumhang – schützt Sie nicht vor allem, aber vor dem Schlimmsten.“ - Rechtssicherheit ist wichtig
Zu medizinisch-fachlichen Aspekten können Sie die rechtliche Absicherung hinzunehmen: „Wenn Sie sich hier an die Händehygiene halten, sind Sie auf der sicheren Seite – fachlich und rechtlich. Dann kann Ihnen da keiner was wollen.“ - Gemeinsam abwägen öffnet die Perspektiven
Gehen Sie mit Ihren Gesprächspartner:innen ins Gespräch, statt Vorträge zu halten: „Lassen Sie uns kurz überlegen: Wie bringen Sie das in Ihre Abläufe? Was wäre Ihnen da wichtig?“
Die Mischung machts – Patientensicherheit UND Eigenschutz
Natürlich geht es nicht darum, den Patientenschutz ganz aus dem Argumentationsrepertoire zu streichen. Aber: Er wirkt stärker, wenn er ergänzt wird.
Indem Sie erst aufzeigen, was der oder die Einzelne davon hat und dann den größeren Zusammenhang erläutern, schaffen Sie Verständnis und Motivation:
„Wenn Sie hier die Hände desinfizieren, schützen Sie sich selbst – und sorgen gleichzeitig dafür, dass Ihre Patient:innen gut versorgt sind.“
Win-Win eben.
Als Hygienefachkraft oder Hygieniker:in sind Sie nicht nur Wissensvermittler:in, sondern auch Motivator:in, Übersetzer:in und manchmal sogar Psycholog:in. Ihr Ziel ist, dass das Wissen nicht nur verstanden, sondern auch angewendet wird. Und dafür dürfen Sie ruhig die Klaviatur der persönlichen Vorteile spielen. Denn am Ende zählt nicht, warum jemand etwas richtig macht – sondern dass er oder sie es tut.
Und wer weiß – vielleicht klappt’s ja am besten mit:
„Tu’s für dich. Und als Bonus für die Patienten.“