Respekt ist keine Frage der Hierarchie

Es wäre schön, wenn man hier auch ernst genommen würde, ohne dass man dafür hierarchisch am längsten Hebel sitzen muss!“ Das hörte ich erst kürzlich wieder von einem leitenden Hygieniker, der gerade zwischen Mitarbeitenden, Geschäftsführung und dem ärztlichen Kollegium jonglierte und den Eindruck hatte, dass seine Einschätzungen und Entscheidungen häufig dadurch unterlaufen würden, dass man versuchte, die jeweils ranghöhere Instanz hinzuzuziehen.

Respekt voreinander und im Umgang miteinander ist in vielen Unternehmen des Gesundheitswesens ein Thema, und meistens enden Gespräche darüber genau mit diesem Schluss – dass nur der respektiert werde, der oben in der Hierarchie sitzt. Genau betrachtet ist das ein Trugschluss, denn hier haben wir es eher mit Angst vor der Machtausübung Einzelner als mit echtem Respekt der Person gegenüber zu tun.

Respektvoller Umgang? Fangen Sie an!

Natürlich können Sie darauf warten, dass man Ihnen und Ihrer Arbeit mit Respekt begegnet und Wertschätzung entgegenbringt. Ich verrate Ihnen, was Sie vermutlich eh schon wissen: Wenn es dumm läuft, können Sie lange warten. Denn wenn Sie Pech haben, wartet Ihr Gegenüber ebenfalls auf das gleiche. Besser also, Sie fangen gleich selbst damit an.

Im zwischenmenschlichen Umgang bedeutet das zunächst einmal, Ihre Mitmenschen – egal in welcher Funktion – bewusst wahrzunehmen und sich für deren Sicht der Dinge zu interessieren. Hören Sie genau hin, fragen Sie nach, wenn Sie etwas nicht nachvollziehen können und bremsen Sie den Impuls, schnell eigene (Gegen-) Argumente aufzuführen. Sie werden feststellen, dass Sie auf diese Art viel über Arbeitsabläufe, Sachzwänge oder auch persönliche Befindlichkeiten erfahren und dass dieses Wissen Ihnen hilft, Informationen zielgerichtet, praxisorientiert und sogar einvernehmlich weiterzugeben.

Wertschätzung der eigenen Arbeit? Leben Sie es vor!

Die meisten Menschen fühlen sich zu Personen hingezogen, die ihre Arbeit mit Leidenschaft und Begeisterung ausüben. Ich nehme an, dass es auch im eng getakteten und gesteuerten Klinikalltag noch Momente gibt, für die Sie sich begeistern können: Der Ausbruch, dessen Ursache gefunden und der dadurch gestoppt werden konnte. Die Änderung im Ablauf, die für die Station gut funktioniert und dabei den Vorgaben des RKI entspricht, so dass alle gut auf der sicheren Seite sind. Die Schulung, bei der Sie die Teilnehmenden richtig mitnehmen konnten. Oder auch der Dank eines Bereiches dafür, dass Sie in einer schwierigen Situation unterstützt haben.

Lassen Sie Ihr Umfeld teilhaben an diesen Momenten: sprechen Sie über positive Erlebnisse, knifflige Fragestellungen oder Themen, die Sie fesseln. Diskutieren Sie unterschiedliche Sichtweisen oder neue Erkenntnisse als Bereicherung für Ihre Arbeit. Freuen Sie sich über Erfolge, gerne auch hörbar. Denn: Wenn Sie selbst Ihre Arbeit nicht respektieren und wertschätzen, weshalb sollte das dann jemand anderes tun?

Respekt ist Geben und Empfangen gleichermaßen

Respekt ist nichts, auf das Sie warten oder das Sie aufgrund einer Position, die Sie einnehmen, erwarten sollten. Einen Titel zu führen, dem Umfeld zu sagen was es zu tun hat und sich ansonsten unzugänglich zu zeigen verschafft niemandem Respekt. Stattdessen gilt das Prinzip „wie man in den Wald ruft, so schallt es hinaus“ – das Wort Respekt kommt schließlich vom lateinischen respectio und bedeutet so viel wie Rückschau, Betrachtung und Einschätzung. Dadurch, wie Sie anderen Menschen und auch Ihrer eigenen Arbeit begegnen, können Sie den Grundstein für einen respektvollen und wertschätzenden Umgang miteinander legen.

 

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